Die immer wieder auch öffentlich thematisierten erheblichen Verzögerungen bei Großprojekten in der Rüstungsindustrie haben die Branche hinsichtlich der Liefertreue erheblich sensibilisiert. Selbstverständlich betrifft dies nicht nur die bekannten eigentlichen Hersteller von Militärausrüstung, sondern auch deren Zulieferer, wie beispielsweise das auf Winkelspiegel und Panzerglas spezialisierte Unternehmen GuS aus Lübbecke in Ostwestfalen.
Als Technologie- und Marktführer für spezielle Sicherheitsgläser hat GuS die zunehmend deutlich formulierten Kundenforderungen schnell aufgenommen und konsequent gehandelt. Denn als Hersteller und Instandsetzer für verschiedenste Periskope und Panzerglasscheiben, die in Militärfahrzeugen der Bundeswehr, aber auch bei anderen OEMs zum Einsatz kommen, trägt der Mittelständler erhebliche Verantwortung. Um also eine nachhaltige Steigerung der Liefertermintreue zu realisieren, initiierte die GuS-Geschäftsleitung im vergangenen Jahr ein umfangreiches Projekt. Um dabei die methodischen Kompetenzen eines externen Partners zu nutzen, entschied sich GuS zusätzlich für eine Zusammenarbeit mit Ingenics
Akzeptanz für realistische Fertigungsendtermine stieg schnell und spürbar
Nach den ersten von Ingenics gestalteten Workshops und einer ausführlichen Analysephase wurde beschlossen, über das Lieferantenmanagement hinaus auch maßgebliche Planungs- und Produktionsprozesse zu überarbeiten und zu optimieren. Neben einem gezielten Aufbau der Puffer für „Starkläufer“ lag der Schwerpunkt auf der Optimierung der Abstimmungsprozesse zwischen den Verantwortlichen von Produktion, Arbeitsvorbereitung und Konstruktion. Die Arbeitspläne wurden verbessert, die damit verbundenen Fertigungszeiten und weitere Arbeitsunterlagen aktualisiert. Auch Reports aus dem SAP-System wurden umgestellt und ergänzt. „Ausgehend von der erfolgreichen Überarbeitung der Planungsgrundlagen stieg die Akzeptanz für realistische Fertigungsendtermine bei allen Beteiligten der einzelnen Produktionsbereiche spürbar“, erklärt Marc Stickan, Produktionsleiter bei GuS. Nachdem´damit eine verbesserte Basis für die operative Steuerung vor Ort gelegt worden sei, habe man erste Bausteine eines GuS-spezifischen Shopfloor Managements eingeführt.
Als wesentliche Neuerung mit Blick auf die Transparenz vor Ort wurden Team- und Bereichsboards bereitwillig angenommen. Im Rahmen der Regelkommunikation der Produktionsteams werden nun an den Team-Boards relevante Themen diskutiert. Im Fokus des Interesses der Beteiligten stehen die Verfügbarkeit der Mitarbeiter, die kurz- und mittelfristig anstehenden Aufträge, die geplante Arbeitszuteilung und die Netto-Kapazitäten sowie die Kennzahlen für Auslastung und Erfüllungsgrade. Die Produktionsverantwortlichen nutzen die Daten und Informationen inzwischen umfassend zur Bereichssteuerung.
Umfassender Überblick für den Produktionsleiter
Am Produktions-Board sorgen verdichtete Informationen über die Situation in den Teams für Transparenz. Der Produktionsleiter hat damit jederzeit den Überblick über seinen kompletten Verantwortungsbereich. Über alles Wesentliche wird zügig gesprochen, sodass Problemlösungsstrategien noch zielgerichteter greifen
können. Da alle Besprechungen inzwischen am „Ort des Geschehens“ stattfinden, also in der Produktion, sind bei Klärungsbedarf kurze Wege gewährleistet. Man habe sich zwar erst einmal an die Veränderungen gewöhnen müssen, räumt Marc Stickan ein, aber inzwischen sei die Skepsis über die neue Vorgehensweise längst einer breiten Akzeptanz gewichen. Die Anzahl derjenigen, die die Zusammenhänge verstünden und die Aktivitäten für die Verbesserung der Liefertermintreue konsequent umsetzten, wachse stetig.
Der gesamte Veränderungsprozess wurde von Ingenics ca. ein Jahr lang begleitet. Sukzessive wurden nach einzelnen Erfahrungsphasen noch kleinere Korrekturen vorgenommen. „Verständlicherweise haben sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte zu Beginn einer ausgeprägten Umstellungsphase viele Fragen“, erklärt Roland Horstenkamp, der als Ingenics Senior Projektleiter das Projekt durchgehend begleitet hat. „Die Fragen der Mitarbeiter konnten in aller Regel umgehend vor Ort geklärt werden. “Es gelte aber wie stets, dass für das Gelingen des Gesamtprozesses ausreichend Zeit benötigt werde. „Das lässt sich nicht im ,Handstreich‘ erledigen.“ Ungeduld bei der Umsetzung könne auch deshalb teuer werden, weil im Falle eventuell noch bestehender Unklarheiten später zusätzliche Schleifen gedreht werden müssten.
Zusätzliche Expertise von außen ist unverzichtbar
Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des Projekts mit dem Ziel, die Liefertermintreue operativ zeitnah und dennoch nachhaltig zu verbessern, war die Schulung der Produktionsführungskräfte in mehreren Qualifizierungsrunden. Im Rahmen dieser teilnehmeraktiven Qualifizierung wurde Wissen aufgefrischt und der Gesamtzusammenhang abgerundet. Im Fokus standen die Themen Führung, Wertschöpfung und Verschwendung, Kommunikation, Problemlösung und Sozialkompetenz. „Diese Qualifizierungsrunden waren mir besonders wichtig, da sie das verantwortungsbewusste Handeln unserer Führungskräfte im Veränderungsprozess unterstützen“, betont die GuS-Geschäftsführerin Dr. Tanja Lindermeier-Kuhnke. Und ergänzt: „Ich halte bei solchen Veränderungen die zusätzliche Expertise von außen für enorm wichtig. Denn sie bringt fachliche Unterstützung und Objektivität, vermittelt Sicherheit und bietet den eigenen Leuten
Orientierung.“
Fazit
Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass die bisherigen Ergebnisse des Projekts „Verbesserung der Liefertermintreue“ vielversprechend und sichtbar seien. Deshalb wollen Geschäftsführung und Produktionsleitung weiter am Ball bleiben. Die nächsten Verbesserungsthemen befinden sich bereits in der „Pipeline“.
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